Flauschiges Abenteuer
Alpaka-Wanderung in Nettetal
Die Sonne lacht vom strahlend blauen Himmel und schon um neun Uhr morgens zeigt das Thermometer 17° Celsius an. Die Temperatur soll sogar bis auf 25° Celsius steigen. Das perfekte Wetter für unser Abenteuer. Heute ist der Erste Mai, die Autobahn ist herrlich frei und rasch haben wir die Abfahrt Nettetal erreicht. Noch ein kurzes Stück über die Landstraße, und schon stehen wir auf dem Bauernhof, an dem unser flauschiges Abenteuer beginnt. Auf dem Parkplatz erwartet uns bereits eine junge Frau, die zu einem hübschen gefilzten Hut aus Alpakawolle ein strahlendes Lächeln im Gesicht trägt.
„Ich bin Desiree“, begrüßt sie uns. „Ist das ok, wenn wir uns duzen?“
Natürlich wollen wir, schließlich vertraut sie uns für die bevorstehende Wanderung ihre wertvollen Alpakas an. Als alle Teilnehmer eingetroffen sind, führt uns Desiree entlang einer großen Wiese zum Gehege. Hinter dem hohen Zaun warten bereits einige der wunderschönen Alpakas und im Hintergrund, in einem offenen Unterstand, warten drei Lamas. Neugierig und erwartungsvoll schauen sie ihre Besucher an. Es wirkt, als würden sie sich ebenso wie wir auf den Ausflug freuen. Desiree bestätigt meinen Eindruck. „Sie wissen, dass es gleich losgeht, und freuen sich schon darauf“, sagt sie lachend.
Aber erst erhalten wir ein paar wichtige Informationen, wie die freundlichen Tiere am besten zu behandeln sind. „Wie nähert man sich den Tieren am besten?“, frage ich Desiree. „Langsam und vorsichtig“, ist die Antwort. „Alpakas sind Fluchttiere und schnelle, ruckartige Bewegungen machen ihnen Angst. Wenn ihr sie streicheln wollt, dann ist das ok. Anders als zum Beispiel bei Hunden müsst ihr sie auch nicht erst an der Hand schnuppern lassen. Beim Streicheln gibt es jedoch ein Tabu. Ihr dürft auf keinen Fall ihren Kopf streicheln. Das mögen sie gar nicht.“
Erschrocken zieht eine Teilnehmerin ihre Hand zurück. Das üppige, lockige Fell, zwischen den Ohren, welches wie eine zu große geratene Mütze wirkt, verführt aber auch dazu, einfach mal darin herum zu wuscheln. Aber gut, wenn sie es nicht mögen, haben wir das zu respektieren.
Desiree stellt uns stolz ihre Alpaka-Herde vor. Mit von der Partie sind Amaru, Yaku, Pepe, Kalimero, Pico, Sokrates und Yurak. Angeführt wird unsere Karawane allerdings von einem Lama, der den schönen Namen Manolo trägt. Im Unterschied zu den Alpakas, deren Kopf nicht ganz bis zu meiner Schulterhöhe hinaufreicht, ragt Manolo bis zu den Spitzen seiner Ohren fast zwei Meter in die Höhe. Hoch aufgerichtet steht er da, ist sich bewusst, dass er unsere Truppe gleich durch die Felder am Niederrhein führen wird.
Wir erfahren, dass jedes der Alpakas einen eigenen Charakter hat. Da ist der sechsjährige Yurak. Er ist das größte der Alpakas und macht mit seinem hellen Fell und den fransigen Ohren einen sehr attraktiven Eindruck. Yurak ist das gefühlvollste Wesen in der Herde und wenn ihm etwas nicht gefällt, kann er auch schon mal laut summen.
Kalimero spielt gerne den stolzen Anführer. Aber nur, bis ihn etwas unsicher macht. Dann sucht er auch mal den Schutz des Menschen, der ihn begleitet. Es macht ihm aber auch Freude, sein Temperament zu zeigen.
Sokrates macht seinem Namen alle Ehre. Desiree erzählt, dass er es gerne gemütlich hat. „Er ist manchmal ein richtiger Couch-Potato“, erzählt sie mit lachend. Außerdem ist er das langsamste Tier und läuft gerne am Ende der Gruppe. Er ist elf Jahre alt. Da darf er es auch ruhiger angehen lassen.
Mein heutiger tierischer Gefährte trägt den schönen Namen Yaku. Er wird in diesem Jahr sechs Jahre alt und ist noch in der Ausbildung. Noch ist er ein wenig scheu und sucht die Nähe der Herde. Als Desirees Mann Frank mir den Führstrick in die Hand legt, fühle ich mich dem kuscheligen Wesen an meiner Seite gleich sehr verbunden.
Conny darf Amaru auf unserer Wanderung begleiten. Amaru, ebenfalls fast sechs Jahre alt, ist ein sehr aufmerksames Tier und hat alles im Blick. Besonders fällt uns sein ausgesprochen hübsches Gesicht auf. Das schwarze und weiße Fell auf der Ober- und Unterseite seiner Schnauze steht in schönem Kontrast zueinander. Zwischen seinen Ohren ist das Fell hellbraun und weiß gefleckt. Das verleiht ihm etwas ausgesprochen Pfiffiges. Genau das richtige Alpaka für Conny, für die unser Ausflug ein Geburtstagsgeschenk ist.
Schließlich macht sich unsere Karawane auf den Weg. In einer Reihe hintereinander laufend verlassen wir den Hof und bekommen zum ersten Mal einen Eindruck davon, dass unsere Gefährten ganz eigene Persönlichkeiten sind. Vor mir wird Yurak geführt und Yaku sucht immer wieder die Nähe, rückt ihm auf der Suche nach Schutz regelrecht auf die Pelle. Amaru, der mit Conny hinter mir läuft, schaut immer wieder keck an Yakus Hinterteil vorbei und kommt mir dabei ganz nahe.
Während der Einweisung haben wir erfahren, dass wir immer auf der linken Seite unserer Begleiter gehen sollen. Der Grund ist einfach. Alpakas sind, wie bereits erwähnt, Fluchttiere.
Ihre Augen sind nicht wie bei uns Menschen nach vorn gerichtet, sondern sitzen seitlich am Kopf. Dabei schauen sie mit dem rechten Auge, ihrem Fluchtauge, nach hinten. Auf der linken Seite des Kopfes sitzt das Sicherheitsauge. Damit behalten sie alles vorne im Blick. Führt man sie auf der linken Seite, können ihnen Dinge, die hinter ihnen geschehen, keine Angst machen.
Einen ersten spannenden Augenblick erleben wir bereits nach wenigen Minuten. Zum Glück hat Desiree uns vorgewarnt. Während unsere kleine Karawane im strahlenden Sonnenschein dahin trottet, erreichen wir inmitten der Felder eine Abzweigung. Hier führt ein sandiger Weg nach links. Der Sandboden wirkt unwiderstehlich auf unsere tierischen Begleiter. Sie legen sich in den Sand und wälzen sich voller Hingabe darin herum. Erst als das ganze Fell gründlich mit Staub bedeckt ist, stehen sie wieder auf. Yaku rückt wieder an mich heran und schüttelt sich ein klein wenig. Wie schön, dass mein treuer Gefährte sein Glück mit mir teilt. Denn auch ich stehe plötzlich in einer Staubwolke.
Das Glück währt, bis in den Augen der Alpakas eine vermeintliche Gefahr auftaucht. Weit entfernt, am Ende des Weges, steht die dunkle Silhouette eines Traktors am Feldrand. Eine leichte Unruhe ist in der Herde zu spüren. Dann taucht auch noch der Kopf eines Hundes hinter dem Traktor auf. Doch dank Desirees freundlicher Bitte nimmt der Besitzer sein Tier aus dem Blickfeld und wir können beruhigt weitergehen.
Eine Weile später wenden wir uns an einer Weggabelung nach rechts. Hier erstreckt sich auf der rechten Seite des Weges auf etwa einhundert Metern eine hohe Hecke, die den Blick auf das dahinter liegende Feld versperrt. Wir folgen Desirees Bitte und führen unsere Alpakas an die linke Seite des Weges. „Die dunkle Hecke macht den Tieren Angst“, erfahren wir. Und tatsächlich sind unsere Begleiter mit einem Mal unruhig. Halb verborgen liegt im Gebüsch eine große, schwarze Plastiktüte. Das dunkle, unbekannte Etwas wirkt Furcht einflößend auf sie.
Ein wenig ängstlich lassen sie sich daran vorbeiführen. Es hat etwas Magisches an sich, neben solch einem friedlichen Geschöpf zu laufen. Yaku sucht immer wieder den Körperkontakt. Es ist ein Genuss, mit der Hand in das dichte, weiche Fell zu greifen und dem Tier so nahe zu sein. Durch Yakus Nähe spüre ich einen tiefen Frieden in mir.
Beinahe so, wie auf einer meiner vielen Pilgerreisen über Spaniens Jakobswege. Dann zieht über uns ein kleiner Raubvogel seine Kreise. Doch selbst Yurak, der laut Desiree in solchen Fällen gerne mal warnende Laute von sich gibt, bleibt davon unbeeindruckt. Ich freue mich, dass die Tiere wegen des Raubvogels keine Angst verspürt haben. Dennoch hätte ich gerne einmal gehört, wie sich die Stimmen der Alpakas anhören. Unsere Wanderung ist nämlich bisher fast lautlos verlaufen.
Nach fast eineinhalb Stunden erreichen wir wieder den Bauernhof. Desiree hat uns für die Rückkehr eine Überraschung versprochen. Wir gehen mit unseren Begleitern in den Pferch, und die Tiere dürfen auf die angrenzende Wiese laufen. Dann drückt Desiree Conny einen Gartenschlauch in die Hand. Wir dürfen die Alpakas duschen.
Mit sichtlichem Genuss geben sich die Tiere der Erfrischung hin. Auch wenn fast jedes Alpaka etwas von der Dusche abbekommen möchte, gehen alle respektvoll miteinander um. Zwar drängen sie sich aneinander, aber sie schubsen sich nicht weg. Es sind sanfte Tiere, deren Nähe wir heute spüren durften. Mit einem tiefen Gefühl des Glücks, das wir nach diesem flauschigen Abenteuer verspüren, machen wir uns auf den Heimweg.
Alpakas stammen ursprünglich aus Südamerika. In Peru leben etwa 3,5 Millionen dieser sanften Tiere. Dank tierliebender Menschen wie Desiree und Frank muss man sich aber nicht auf die weite Reise begeben, um diese zauberhaften Wesen einmal aus der Nähe kennenlernen zu können. Es reicht ein kurzer Ausflug ins Internet, wo man unter der Adresse www.Dycker-Alpakas.de einen Termin für eine Wanderung buchen kann. Auch Kindergeburtstage, bei denen die sanften Tiere mit dabei sind, bietet Desiree an. Wer sich die Tiere vorab einmal anschauen möchte, kann das auf Instagram unter Dycker_Alpakas tun.
Kaum zu glauben, aber mit ihren Alpakas besucht Desiree auch Senioren in einem nahegelegenen Seniorenheim. Dort bereitet sie den älteren Menschen regelmäßig eine tierische Freude.
Wer sich ein besonderes Erlebnis gönnen oder einem lieben Menschen eine außergewöhnliche Überraschung bereiten möchte, hat bei den Dycker Alpakas die Gelegenheit dazu.